Anna Freud (1895-1982), Kinderpsychologin. 11e. Briefe und Briefkarten m. U., London, 20. November 1951–1. April 1971, zus. 27 Seiten versch. Formats. Mit 10 e. Kuverts. Gedruckte Adresse. Alle Briefe an Rosita Grünberg, eine Bekannte aus der Wiener Zeit. Die Korrespondenz setzt mit dem Tod von Anna Freuds Mutter ein. I. 20. November 1951: „[…] Ich weiß, Sie haben sich bei ihr zu Hause gefühlt und sie hat Sie und Michael [Rositas Sohn] sehr lieb gehabt. Sie ist sehr schnell gestorben, nur 2 ½ Tage im Bett, nach einem schweren Herzanfall, schon ohne Bewusstsein. Bis dahin war sie so wie Sie sie gekannt haben, aktiv wie immer, etwas schwächer vielleicht. Ihre große Kränkung war das Nachlassen der Augen, das Lesen und Schreiben sehr schwer gemacht hat […]“ – II. 29. August 1958. In den folgenden Jahren erzählt Anna vor allem vom Ausbau der Klinik: „[…] Die Wochen vor den Sommerferien sind in unserer Klinik immer die anstrengendsten, denn zu dieser Zeit kommen amerikanische Kollegen zu Besuch, Berichte müssen fortgebracht werden etc. […] Jetzt bauen wir im Garten von No. 21 eine neue Schul-Hütte für unsere Kindergartengruppe von blinden Kindern. Manchmal wird mir ganz schwindlig von all den einzelnen Unternehmungen und ich frage mich, wo ich den Mut hernehme […]“ – III. 28. November 1960. Mit Reflexionen über das Altern: „[…] Meine beiden ältesten Geschwister, Mathilde und Martin sind jetzt schon über 70. Ein sehr merkwürdiges Gefühl, daß unsere Generation jetzt schon die ‚alte’ ist an Stelle der Eltern […]“ – IV. 11. Januar 1963. Rosita berichtet über psychische Schwierigkeiten: „[…] es tut mir schrecklich leid, daß Sie so unzufrieden mit sich selber sind. Für den Zuschauer aus der Ferne, wie mich, sieht es gar nicht so an. Im Gegenteil, Sie haben so viel mit sich selbst erreicht, Training, Beruf, Interessen, wie Sie es sicher selbst gar nicht erwartet haben. Aber immerhin, das Gefühl ist da, und ich möchte Ihnen gerne helfen, etwas dagegen zu tun. Sie sollen sich nicht mit Pillen helfen, das ist sicher nicht das Richtige. Ich glaube wirklich, man kann sich [in] einem solchen Fall nicht selbst helfen und für eine Analyse haben Sie sicher keine Gelegenheit […] Was Sie sagen, klingt gar nicht so abnorm, aber es sind lauter Zeichen von Unbefriedigung, die nach etwas verlangen. Wenn man sie bewußt verstehen und auf einem Umwege zur Befriedigung führen kann, wird alles viel besser […]“ – V. 27. Dezember 1963. Nach erfolgter Besserung: „[…] Ich finde es eine ausgezeichnete Nachricht, daß Sie einen Kurs für Psychiatric Nursing gemacht und so gut bestanden haben. Psychiatric nursing ist ja wirklich ein verhältnismäßig neuer Begriff und ich glaube, es hat eine große Zukunft. Ohne ausgebildete Nurses können die Psychiater im Spital und auch sonst bei schweren Patienten gar nicht auskommen, auch wenn sie selbst noch so gut ausgebildet sind […]“ – In den fast jährlich aufeinanderfolgenden Schreiben entsteht dann eine Pause zwischen 1965 und 1971. – Beiliegt: 5 Fotografien von Rosita Grünberg und ihren Verwandten sowie ein Brief in familiären Angelegenheiten.