Georg von Wedekind

Wedekind, Georg von

deutscher Arzt und Revolutionär (1761-1831). Eigenhändiger Brief mit Unterschrift. Darmstadt. 4to. 4 pp. Doppelblatt. Gebräunt.
$ 1,298 / 1.200 € (87435)

An den Heidleberger Professor und Theologen Heinrich Eberhard Gottlob Paulus (1761-1851), der 1811 nach Heidelberg berufen worden war. „Sie haben richtig prophezeit. Die Köstlichkeiten sind mir übel bekommen u. haben dem nicht ganz getilgten Katarrh ein schmerzhaftes Hämorrheudalleiden hinzugefügt. Ich muss strenge Diät befolgen. Lieber wäre mir gewesen, wenn Si enach einer Aderlässe Blutegel gesetzt hätten. - Zeigen Sie doch Herrn Prof. Perthes beiliegende[s] Rezept. Die Dosis Pillen müsste so eingerichtet werden, dass entweder gar keine Übligkeit, oder nur eine schnelle vorübergehende davon verspührt werde.

Bei 10 Stück ist keine beträchtliche Übelkeit zu fürchten; falls diese dennoch eintreten oder zu fürchten seie, so nehmen Sie nur 5 Stück also 2x beim tarlerens exact. per Dosis. […] Müssten nur in ihrem Habitus bald vorwärts, bald rückwärts zu gehen u. des menschlichen Elends nur los zu werden - so müsste ich an der Güte, Vernunft u. Weisheit Gottes zweifeln. Mit den Juden und Persern wäre dann ein Zweifel zu postulieren u. nicht weniger Bedürfnis der Vernunft als die Gottheit. - Für verliehen Bestimmung des Menschen halte ich die endliche Erwartung eines solchen, so starken Habitus in der Erkenntnis des Wahren u. im Wollen des Guten, wobei kein Seitwärtsschreiten mehr möglich ist. Dass ein aufgeklärtes Volk durch ungerechtes Regieren u. durch Observrirenwollen, zum Widerstande geneigt werden könnte, bezweifle ich nicht - wohl aber, ob dieser Widerstand sich als Revolution leicht aussprechen würde. Das unaufgeklärte Volk widersetzt sich allem, was ihm misfällt, zumal was seinen Vorurtheilen entgegen ist, welche die Freiheit jeder vernünftigen, guten Regierung einschränken u. für sie die größten Hemmnisse sind. Nur ein gewandter Hypokrit kann ein solches Volk für seinen Ruhm benutzen. Ich wünsche sehr, dass die Geschichte der Hussiten, Waldenser, u. zumal des Bauernkriegs zu Beantwortung der Frage, ob das Abweichen vom Papstthum zu Revolutionen geneigt mache? von einer philsosophischen Warte bearbeitet werden mögte. […]“ Georg Wedekind studierte in Göttingen Medizin und wurde bereits als 19-Jähriger zum Doktor der Medizin promoviert. 1787 erfolgte die Berufung zum Leibarzt des Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal nach Mainz und die Ernennung zum außerordentlichen Professor und Hofrat. Er gehört zu den Gründern der Mainzer Poliklinik. 1792 und 1793 war Georg Wedekind an der Gründung des Mainzer Jakobinerklubs mitbeteiligt und gehörte zum engeren Kreis der Mainzer Jakobiner. Er wurde Militärarzt bei der Rheinarmee und am Militärhospital in Straßburg, wo er drei Lieferungen einer 44-teiligen Redensammlung von François-Martin Poultier, die für den Dekadenkult genutzt werden sollten[1], ins Deutsche übersetzte. Die Unterstützung für dieses Projekt blieb jedoch aus und die Übersetzungen wurden eingestellt.[2] In den Folgejahren war er vorwiegend im militärärztlichen Bereich tätig[3]. Viele seiner beruflichen und politischen Erwartungen blieben unerfüllt. 1808 verabschiedete er sich dann vom Militär. Berufen zum Geheimen Rat und Leibarzt des hessischen Großherzogs Ludwig I. nach Darmstadt gelang es ihm, den schwer an Typhus erkrankten Monarchen zu heilen. Wedekind wurde am 16. Mai 1809 in den erblichen Großherzoglich Hessischen Freiherrnstand erhoben. 1830 erfolgte die Ernennung zum Geheimen Staatsrat. Am 5. Februar 1792 wurde Georg Christian Theodor von Wedekind mit dem akademischen Beinamen Erasistratus III. als Mitglied (Matrikel-Nr. 949) in die Leopoldina aufgenommen. Er ist 1785 in die Freimaurerloge Maximilian zu den drei Lilien in Köln aufgenommen worden und war später aktiv in den Logen Caroline zu den drei Pfauen in Neuwied und Les amis réunis in Mainz sowie 1816 Mitgründer und erster Meister vom Stuhl der Darmstädter Loge Johannes Evangelist zur Eintracht. Bereits nach einem Jahr überwarf er sich mit der Darmstädter Loge und schloss sich der Wormser Loge Zum wiedererbauten Tempel der Bruderliebe an. Diese ernannte ihn zum „Alt- und Ehrenstuhlmeister“. Wedekind trat als einer der ersten in Deutschland für die Pockenschutzimpfung ein und veröffentlichte zahlreiche Abhandlungen zu medizinischen, politischen und philosophischen Themen sowie zu Adel und Freimaurerei..

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