Mich hat das Buch in die größte Bewegung gesetzt, die ganze von mir mit und noch mehr nachgelebte Zeit stand leibhaftig vor meiner Seele, und Gentz als ihr Prophet, ihr zürnender Geist, ihre - der einen Seite wenigstens - durchdringendste Parole. Gewiß zeigt er sich hier in seiner Größe; ist er doch fast eine persönliche Macht, die ihre eigene Sache treibt, und hiezu die Staaten in Dienst nimmt. Sein Muth, sein Scharfsinn, seine Thätigkeit, sind über jedes Lob erhaben. Ich bin nur froh, daß diese Zeugnisse an’s Licht gekommen, und wie richtig und gut, in Schaffhausen, durch die harmlosen Leute! Sie und ich hätten nichts damit anfangen können, wir wären nicht im Stande gewesen, sie herauszugeben. Allerdings wird es in Wien und hier an sauren Gesichtern nicht fehlen, der Schrecken wir groß sein, am Ende jedoch wird man sich Glück wünschen, mit dem Schrecken davon zu kommen, denn die heutige Welt bleibt doch so ziemlich unverletzt, sie kann sich absondern und behaupten, daß keiner jener grimmigen Schläge sie treffe. Beim Besprechen dieser Briefe ist auch wohl dieser Gesichtspunkt festzuhalten, daß Gentz in dem Maße milder und ruhiger werden konnte, als auch der Zustand sichrer und geordneter geworden, und das Lob wird niemand dem Fürsten von Metternich streitig machen, daß unter seiner Leitung die Politik Österreichs eine ganz neue, folgerichtige, dauernde Haltung bekommen hat. Mit der Art und Richtung von Gentz’ens Unzufriedenheit muß Metternich sogar bekannt un einverstanden gewesen sein, wie wohl mancher Ausdruck derselben ihm nun sein mag. Die starken Ausfälle gegen den Erzherzog Karl thun mir leid, und verwunden noch heute tief. Für Gentz aber ist es der größte Ruhm, um der Sache willen so gar keine Rücksicht auf die Personen genommen zu haben. Was wollen gegen diese Furchtlosigkeit die kleinen Erdreistungen heutiger Tage bedeuten! Wie schwinden und zerrinnen die Verächter jenes Mannes in nichts dahin, wenn man sie an diesen Briefen meßen will!
Was hat der Mensch gearbeitet! Welche Schätze müßen von ihm noch umherliegen, in England besonders, aber auch in Deutschland! - Ein Briefwechsel von Gentz und Ancillon ist nicht vorhanden, die Nachricht war ein Irrthum, ich selbst habe sie veröffentlicht, um des letztern gewiß zu sein. Reden Sie aber von der Sache nicht. - Die Briefe von Frau von Berg und Gräfin von Voß werden nun wohl aristokratisch gehütet werden, und höchstens Ranke zugänglich sein, der sie gewiß niemanden gönnen wird. - Nachdem aber nun der anstoß gegeben ist, wird doch hin und wieder noch manches hervorspringen, und wir am meisten werden die Freude und den Gewinn davon haben. Vielleicht kommt auch noch manches in meine Hand, und dann zuverläßig an Sie. Ich habe einige Netze in England aufgestellt; wenn ich dort persönliche forschen und einwirken könnte, wäre ich mancher Beute gewiß. Einstweilen sende ich eine artige Anekdote, von der Sie beliebigen Gebrauch machen können.
Einen Brief von Gentz an Adam Müller vom Jahre 1810 aus Töglitz wird künftig der vierte Theil von davor bringen. Ihn für Sie zu erwerben, wollte nicht glücken.
Lesen Sie doch, wenn Sie es noch nicht gethan, den zweiten Theil von Gagern’s Antheil an der Politik u. irgends in Bezug auf Gentz nochmals durch. Es findet sich manche Erwähnung, die auch mir wieder entfallen war. Au Ihren dritten Band freu’ ich mich wie ein Kind zu Weihnachten! Die Sachen von Prokesch erwart’ ich mit größter Spannung. Welche weite Gegend eröffnet sich immer reicher und bedeutender, welche Lebensanregungen aller Art werden aufgemacht! Das nur eine gute Pforte, die Sie aufgethan, und durch die Sie gegangen! […]
Von einigen Stellen Ihres Briefes könnte ich nur mündlich mit Ihnen so sprechen, daß etwas dabei heraus käme; schriftlich kämen wir, fürchte ich, nur weiter hinein. Sie sagen, ich dürfe Ihnen nicht so schlechte Motive unterlegen, als ich zu thun scheine. Ich thue das nicht. Wenn Sie aber vor manchen Ausdrücken gar zu große Scheu haben, und sich solche nicht wollen anpaßen laßen, was doch am Ende jeder Mensch mehr oder weniger zugeben muß, so brauche ich nicht einmal zu warten, bis das Alter Sie hierin billiger macht, sondern ich könnte mich auf Ihre eigene früheren Briefe berufen, wo dergleichen zugestanden wird. Doch quälen wir uns nicht mit dergleichen Wörtlichkeiten auf die zwischen uns gar wenig ankommen kann! - Ihr Brief enthält so viel des Guten und Liebevollen für mich, daß ich davon reichlich erfüllt bin, und für immer daran mich halte. Wenn meine Briefe an Sie nicht gleicher Art wären, so müßte es mit dem Teufel zugehen, der zwischen mein Gemüth und meine Sprache einen Thurm von Bebel schöbe, und alles wahre und ächte unter falschen Anschein bräuchte. Doch ich halte das für unmöglich […]“.