Hugo von Tschudi

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Tschudi, Hugo von

29 e. Briefe und Karten mit U. bzw. Paraphe
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Hugo von Tschudi (1851–1911), Kunsthistoriker. 29 e. Briefe und Karten mit U. bzw. Paraphe. Paris, London, München, Berlin u. a., 1909 bis 1911. Zusammen 46¾ SS. auf 36 Bll. (Qu.-)8° und 4°. Mit 11 e. adr. Kuverts. – Inhaltsreiche Korrespondenz mit dem Kunsthistoriker Heinz Braune (1880–1957), dem er zumeist von seinen Reisen zur Akquirierung zeitgenössischer Kunst berichtet: „[...] Ich rannte gestern, beim Besuch des Salon d’Automne, gleich Henri Matisse und reinem russischen Gönner Ichtschukine [d. i. der russische Geschäftsmann und Mäzen Sergei Shchukin, 1854–1936] in die Arme. Wir fuhren dann in sein neues Atelier in Issy, wo ausser einigen angefangenen Bildern nur etwas problematische Skulpturen waren. Bei der Gelegenheit erfuhr ich, was Sie mir glaube ich nie verraten haben, dass Sie glücklicher Besitzer einiger Bilder von Matisse sind. Morgen soll ich seine Sachen sehen die bei Mad. Klein [?] sind. Um alte Bilder sieht’s hier im Kunsthandel recht trübe aus. Es wird Prof. Voll [d. i. der Kunsthistoriker Karl Voll, 1867–1917] interessieren, dass der Rembrandt, den er bei Stadelmeyer sah, um 700.000 fr. den Weg aller Rembrandts über das grosse Wasser gegangen ist. Von Greco u. Goya gibt’s noch einiges, wenn auch teuer. Man wird sich immer mehr auf den Erwerb moderner Bilder verlegen müssen. Auch die Schule von Barbizon, Courbet, die grossen Impressionisten sind schon recht rar und kostspielig geworden. Obwohl noch nicht so sinnlos teuer wie bei uns die Leibl, Feuerbach u. Böcklin. Matisse hat zwei schöne Blumenstücke im Salon, beide schon in festen Händen. Die Ausstellung der Figurenbilder von Corot ist mässig, es sind lange nicht seine besten Sachen zu sehen [...]“ (Paris, 13. Oktober 1909). – „[...] Bernheims [d. s. die Galeristen Bernheim-Jeune] haben mir ein sehr schönes Stilleben von Cézanne besorgt, das zwar teuer ist von dem ich mich aber nicht mehr trennen möchte. Mit diesem, der Landschaft u. dem Selbstporträt wäre der Meister dann fürs erste bei uns würdig vertreten. Rodin hat mir die wundervolle femme accroupie geschickt, indem er eine bewundernde Äusserung von mir als Bestellung missverstanden hat [...]“ (München, 19. VII. 1910). – Der Schweizer Kunsthistoriker war 1896 mit der Leitung der Berliner Nationalgalerie betraut worden und „begann [...] sofort Bilder des französischen Impressionismus sowie andere neuere ausländische und deutsche Kunst zu erwerben“ (DBE). 1906 richtete er gemeinsam mit Alfred Lichtwark und Julius Meier-Graefe die „Jahrhundertausstellung“ deutscher Kunst aus der Zeit von 1775 bis 1875 aus, „wurde dafür zwar zum Geheimrat ernannt, doch aufgrund der konservativen Gegnerschaft Bodes, Anton von Werners und anderer 1908 beurlaubt. Seit 1909 war Tschudi Direktor der Bayerischen Staatssammlungen in München. Da hier sein Werturteil über die neuere Kunst auf ähnliche Abneigung stieß wie in Berlin, gelangten jene Meisterwerke Édouard Manets und anderer französischer Künstler, die Stifter nach Tschudis Wünschen für die Berliner Nationalgalerie bzw. für die Pinakothek in München erworben hatten, erst 1912/13 in die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen“ (ebd.). – Auf Briefpapier mit gedr. Briefkopf der General-Verwaltung der kgl. Museen National-Galerie. – Papierbedingt etwas gebräunt.