E. Brief mit U.
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Ludwig Tieck (1773–1853), Schriftsteller. E. Brief mit U. („Ludw. Tieck“). Dresden, 17. August 1821. 2 SS. Gr.-8°. – Schöner Brief an Jean Paul in Bayreuth: „Durch einen jungen Reisenden, der Sie, verehrtester Freund, aus Enthusiasmus in Bayreuth aufsuchen wird, schicke ich Ihnen dieses Blättchen, um Ihnen meinen Nahmen wieder einmal ins Gedächtniß zu rufen. Seit lange[m] hört man schon viele Gerüchte, daß Sie einmal hieher kommen würden, aber es sind auch nur, wie so viele andre, leere Gerüchte geblieben [...] Ist denn gar keine Hofnung dazu? Keine daß Sie einst meiner liebsten Bücher eines, die Flegeljahre, fortsetzen und beschliessen würden? Vielen Dank für den Cometen. Ich gehöre, bilde ich mir ein, zu den Lesern, die Ihren Humor und Witz am meisten zu schätzen wissen. Wie Sie mit der Composition und mit den vielen Figuren ausreichen werden, darauf bin ich unendlich begierig. So vieles ist mir in diesem Buche eingefallen, worüber ich so gern mündlich mit Ihnen spräche; alles Schreiben ist gar lahm und weitläufig; über Ihre Aenderungen im Siebenkäs möchte ich gar zu gern einmal mit Ihnen streiten, und auch Raths bei Ihnen zu erholen. Sind Sie mit allen zufrieden? Es ist mir eine hohe Freude, wahrzunehmen, daß Sie nicht, wie die meisten Autoren, älter werden; es entsteht bei den meisten, wenn sie auch viel schreiben, ein Schreibeüberdruß, wie bei Abgelebten ein Lebensüberdruß, – und nichts Widerwärtigeres, als eine Jugendliebe im Sonnenaufgang u. dgl. bei einem solchen Schachmatten zu lesen [...] Wir denken oft an Sie, lesen mit Freude u. Genuß viel von Ihnen: sei es Ihnen nicht unangenehm, wenn mein Bild einmal wieder in Ihrer Phantasie aufsteigt [...]“. – Jean Pauls „Flegeljahre“ war bereits 1804f. erschienen; vom „Komet“ lag 1821 der erste Band vor; der 1796 erschienene „Siebenkäs“ war 1818, stark verändert und um einen vierten Band vermehrt, neu aufgelegt worden. – Der Dichter selbst konnte wegen privater Schicksalsschläge Tiecks Einladung nach Dresden fürs erste nicht folgen: sein schwer erkrankter Sohn Max starb im Monat darauf in Bayreuth; erst im Jahr darauf, von 2. Mai bis 15. Juni 1822, reiste Jean Paul nach Dresden, wo er nicht nur mit Tieck sondern auch mit u. a. Christian Hinrich Wolke und Carl Maria von Weber zusammentreffen sollte. – Die Verso-Seite mit Stempel der Sammlung Gottfried Doehler (1863–1943), des ersten Verwalters der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz – Stiftung der Älteren Linie des Hauses Reuß; mit einigen kleinen Randläsuren, sonst in sehr gutem Zustand.