Spohr, Louis
Komponist, Dirigent, Hofkapellmeister in Kassel, galt neben Niccolò Paganini als der größte Geiger seiner Zeit und kompositorisch als Bindeglied zwischen Klassik und Romantik (1784-1859). Skizzen zu der Oper „Jessonda“. [Kassel um 1821-1823]. 8 Seiten auf 4 Blättern (davon 1 Doppelblatt) im Quer-Folio-Format. Auf je 12 hs. Notenzeilen. Ca. 26,5 x 34 cm.
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(80042)
Spontane, erste Skizzen zu verschiedensten Kompositionsentwürfen der am 28. Juli 1823 in Kassel uraufgeführten dreiaktigen Oper Jessonda von Louis Spohr (1784-1859) nach dem Libretto des Eduard Heinrich Gehe (1793-1850), in der der Komponist auch mehrere Tanz- und Balleteinlagen einbrachte.
Beeinflusst von der Oper „Der Freischütz“ des Carl Maria von Weber entwickelte Spohr hier die romantischen Themen und Melodien zu eigenen Klangfarben und Motiven, mit denen er Charaktere und Situationen schilderte - die sich dann zu textlich-musikalischen Phrasen ausweiten und damit den Weg zur Hochromantik der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, vor allem der Musik eines Richard Wagner weisen.
Die vier Blätter stammen wohl aus dem Besitz des belgischen Komponisten Henri Vieuxtemps (1820-1881), der - ebenso wie Louis Spohr - einer der bedeutenden Violinisten des 19. Jahrhunderts war und mit Spohr befreundet war. Neben einigen hs. Besitzvermerken einer späteren Schrift in Rötelkreide am oberen Rand ("Adolph Schmidt", "Marie Zeitz", "Heymar") findet sich handschriftlich der Name "Vieuxtemps" am Rand sowie von sicherlich derselben Handschrift eine kleine Beischrift auf einer Notenseite "Aus der Oper Jessonda" (in schwarzer Tinte, umgekehrt).
Die vier Blätter (zwei einzeln, ein Doppelblatt) zu 12 Zeilen pro Seite enthalten Komopositionsentwürfe in virtuosem Duktus mit eigenhändigen Bezeichnungen des Komponisten wie "pizz.", "arco", "unisono", "Vom Anfang" ("da capo"), "Vom Anfang 11 Takte", oder Instrumentangaben "Horn", "Clar:" (für Klarinette), "Fag:" (für Fagott), "col V" ("col Violino"), "Fl:" (für Flauto, Flöte) etc.
Interessant ist der Einblick in den Schaffensprozess des Komponisten, der hieran gut nachvollzogen werden kann. So skizzierte Spohr einen Gedanken, ein Motiv, eine Melodie, eine Orchestrierung oder eine Stimmführung, verwirft die Skizze wieder und streicht einzelne Takte mit wischigen Schrägstrichen durch oder streicht Passagen ganz mittels vieler Kreuzlinien, um dann neue Töne auf das Papier zu setzen. Immer wieder sind auch einzelne Noten durchgestrichen und korrigiert. Eine genaue Bestimmung bleibt freilich der Musikwissenschaft vorbehalten – Teils leicht gebräunt, fleckig und angestaubt, hin und wieer Handrückenwischer und Tintenflecke sowie Federproben an den Rändern. Wenige winzige Randein- und Ausrisse, jedoch stets ohne Notenverlust. Musikmanuskripte von Louis Spohr sind sehr selten, unveröffentlichte Skizzen nahezu nicht mehr im Handel vorkommend..