Theodor Mommsen

Mommsen, Theodor

Historiker und Nobelpreisträger (1817-1903). 2 eigenh. Briefe mit Unterschrift. Berlin. 8vo. 7 3/4 pp. Gelocht. Der erste Brief mit Kuvert.
$ 956 / 850 € (94884)

An die Redaktion der „Deutschen Juristen-Zeitung" in Berlin, die ihn gebeten hatte, das Gutachten des Kirchenrechtsforschers Paul Hinschius (1835-1898) zur Frage der „Disziplin über die Privatdozenten an den preußischen Universitäten" zu besprechen. Mommsen lehnt ab. 1895. ,[…] Die Frage ist gar keine juristische, sondern eine allgemeine Universitätsfrage, für die der Theolog und der Philolog völlig ebenso competent ist wie der Jurist. Unter dem vielen Verkehrten, und nicht blos Verkehrten, was Hinschius vorgebracht hat, ist mit das Schlimmste, die Sache so zu verdrehen, als gehöre sie an ein juristisches Forum.

Dieser Auffassung würde […] Recht gegeben, wenn ein Nicht-Jurist, wie ich es in solchen Dingen bin (denn die Pandekten kommen hier nicht in Betracht), in einer juristischen Zeitschrift replicirte […] Alles kommt darauf an, den Docenten der Ministerialwillkür nicht preiszugeben, ihn zu stellen, wie er steht und stehen muß, als unbesoldeten Beamten, dem Recht und Pflichten zukommen, und dem, wenn er sich verfehlt, nach Urtheil und Recht die Strafe zugem[essen] wird […] 1897. ,[…] wenn ich meine Meinung offen sage, fürchte ich, der Sache zu schaden. Die großen Uebelstände der Facultätsjurisdiction, wie sie besteht, liegen auf der Hand, Collegen über [Colle]gen sind schlechte Richter; collegae maiores über collegae minores noch schlechtere […] Ich bin darum immer der Meinung gewesen, daß die Beseitigung der Facultätsdisciplin […] die einzige verständige Maßregel sein würde […] Aber wenn ich in diesem Sinn mich öffentlich äußere, so liegt die Folge auf der Hand, daß, was ich gegen das Facultätsgericht sage, von denen, die unsre Universitäten zu castriren bestrebt sind, dankbar verwerthet wird, und niemand sich darum kümmert, was ich etwa sagen könnte von der Nichtswürdigkeit und der Gemeingefährlichkeit, das Streberthum durch die ministerielle Disciplinargewalt zu legalisiren […]“.

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