Minckwitz, Johannes
Dichter und Philologe (1812-1885). Eigenh. Brief mit U., beiliegend eh. Gedichtmanuskript ("An Wilhelm Dindorf") mit U. Leipzig. 27.07.1879. Brief: 4 SS. auf gefalt. Doppelblatt. Gr.-8vo. Gedichtms.: 2 SS. 8vo.
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(937899/BN937899)
An den Grazer Autographensammler Alexander Hesse, mit Bemerkungen zur deutschen Dichtung in antiken Formen, einer Philippica gegen seinen betrügerischen Verleger, panbalkanischen Eroberungswünschen an das Kaiserhaus Österreich sowie der Klage über einen Diebstahl an Handschriften August von Platens, dessen Nachlass er verwaltete: "Der Ehre, die Sie mir erweisen, Ihnen meine Handschriftprobe zu senden, vermochte ich erst heute zu entsprechen, wo ich von einer Reise nach Pyrmont, München, Thyrol und Salzburg zurückgekehrt.
Ich schreibe Ihnen denn meine jüngst Ode ab, die, wie ich hoffe für meine Person, ächt-Horazischen Geist athmet, in einer zwar schwerwiegenden, aber sehr einfachen Form. Möchte sie Ihnen bei genauerer Betrachtung gefallen! Die Leute reden heutzutag immer sehr Confuses über antike Weisen. Und doch sind sie nun endlich bemeistert, und so leicht, wie Reimstrophen, aufzufassen. Sollten Sie Verlangen tragen, auch meine übrigen Oden und Hymnen kennen zu lernen, deren Zahl sich mit etlichen Pindarischen Hymnen und Horazischen Oden u.s.w., in meinem Style verdeutscht, auf etwa 207 belaufen wird, so würden Sie 162 gedruckte in einem starken Oktav-Bande finden, welcher den Titel trägt: 'Gedichte von Johannes Minckwitz (Aus Deutschlands größter Zeit 1813-1876)', Leipzig, 1876 (auf 1877), dritte Auflage, bei Moritz Geißler (Oehmigke's Verlag). Wenn Ihr Herr Vater ein oder das andere Exemplar sofort bestellt, so muß er das Exemplar schön gebunden für 4 Mark statt für 9 Mark, geheftet für 3 Mark statt für 7½ Mark ausgeliefert erhalten. Zum Kostenpreise nämlich, wie ich dem Verleger Moritz Geißler anbefohlen habe. Denn das Ganze ist von mir bezahlt worden, und der saubere Verleger hat insgeheim die sämmtlichen Exemplare auf dem Lager behalten, ohne sie als Commissionär zu verschicken auf dem Wege des Buchhandels. Weßhalb ich ihn (wie man denn heutzutag so oft einem schamlosen Schwindel ausgesetzt ist) seit Beginn dieses Jahres bei dem Königl. Handelsgericht habe verklagen müssen. Denn sonst behielte der geldsüchtige Mann alle Exemplare für sich zurück, um sie wahrscheinlich später in seinem Nutzen loszuschlagen. Von Ehre einem Autor gegenüber ist bei solchen Leuten keine Rede mehr. Auf den Preis des Exemplars, den ich oben nannte, würde Ihr Herr Vater fest bestehen müssen, - wenn Sie darauf reflektiren sollten. Es giebt ja gerade in Graz viele treffliche Freunde deutscher Poesie. Das Metternich'sche Oesterreich habe ich in einzelnen Versuchen hart beurtheilt, aber ich liebe Oesterreich, und gerade deßhalb habe ich es nicht geschont. Ich wünsche, das dieses Kaiserthum immer blühender und größer werde, daß es so viele Stücke der Balkan-Halbinsel als möglich an sich reiße und den Russen so wenig als möglich übrig lasse, und daß das herrliche Oesterreichische Volk die Kultur nach dem Archipelagos trage: eine für die Menschheit höchst lohnende Aufgabe! [...] Auch kann ich Ihnen vielleicht diese oder jene Handschrift, die Sie noch nicht besitzen, verschaffen. Die Platen'schen, immer seltener werdend, sind mir gegen das Jahr 1872 auf eine noch nicht aufgeklärte Weise samt der Mappe aus meinen Mappen heraus heimlich entwendet worden! Und zwar sämmtlich, auch die wenigen Briefchen, die er vor seinem frühen Tode noch an mich richten konnte [...] Lebt denn Robert Hamerling noch in Graz? Er hat mir lange nicht mehr geschrieben. Vermutlich, weil er eine starke Zurückweisung übel genommen. Ich bin nun einmal so." - Die "bis jetzt noch ungedruckt[e] Ode Nr. CLXXXI" an den Leipziger Philologen Wilhelm Dindorf, in sieben Strophen: "Rasch durchkreuz' ich des Marktes tosendes Kaufgewühl, / Heimwärts eilend im Halbdunkel der Abendzeit, / Wenn auf Straßen umher weite Laternenpracht / Rings wetteifert mit Sternengluth [...]"..