Silvio Lazzari

Lazzari, Silvio

Komponist (1857-1944). Eigenh. Brief mit U. Paris. 14.12.1898. 4 SS. 8vo.
$ 324 / 300 € (935610/BN935610)

An einen namentlich nicht genannten Freund: "Sie erlauben wohl, dass ich Sie so anspreche, denn nur gestützt auf die Ueberzeugung, dass auch Sie mich als Ihren Freund ansehen, kann ich mir gestatten, Sie um Rat und Beistand zu ersuchen in der wichtigsten Angelegenheit die es für einen Tonsetzer gibt: d. h. in der Wahl eines Opernstoffes. Schon in Prag theilte ich Ihnen meine Verlegenheit diesbez. mit, seitdem habe ich unablässig nach etwas für mein Temperament passendes gesucht, ohne etwas 'originales' auftreiben zu können.

So muss ich mich dann, wenn ich meine Zeit nicht vertrödeln will, an schon bestehenden Stoffen halten und möchte mir, bevor ich die Wahl treffe, Ihre Meinung einholen. Bitte sprechen Sie mir offen Ihre Bedenken aus, es ist besser, dass ich dieselben vorher, als post festum höre. Folgende dramatische Werke und Stoffe habe ich in Erwägung gezogen: 1. Die versunkene Glocke / 2. Till Eulenspiegel / 3. Jakuntala / 4. Hero und Leander / 5. Der Kaufmann von Venedig. No 1 zöge mich besonders an, allein man sagt mir, dass Hauptmann ein schwer zugänglicher Mann sei und dann hat das Werk so viel Erfolg gehabt ohne Musik, dass es vielleicht gefährlich ist, sich dran zu wagen. No 2 hat den Nachtheil, episch zu sein. Die Charakteristik Tills entwickelt sich langsam, nach und nach und dürfte dramatisch schwer zu gestalten sein. Natürlich würde ich da nicht den deutschen Till wählen, der nur eine Art Spassvogel ist, sondern den vlämischen, den Vater des deutschen, welcher eine grosse Rolle spielte im Befreiungskampfe der Niederlande gegen Philipp II. und dem Herzog von Alba. Was No 3 und 4 betrifft, so sind es schon bestehende Opernstoffe, so viel ich weiss. Am liebsten hätte ich, wie schon gesagt, einen originalen Stoff gehabt, aber woher? Es ist ein Kreuz! […]". - Lazzari erhielt seit 1863 Violin-Unterricht; bereits mit acht Jahren trat er in den Bozener Sinfoniekonzerten auf. Im März 1882 ging er nach Paris und trat 1883/84 in die Klasse Guirauds am Konservatorium ein. Am 17. März 1888 brachte die Société Nationale Lazzaris Streichquartett zur Aufführung, das der Wiederbelebung der Kammermusik. in Frankreich den Weg ebnete. Vergeblich versuchte er jedoch, sein erstes Bühnenwerk, Armor, in der Monnaie in Brüssel zur Auff. zu bringen. 1898 besuchte er Humperdinck am Rhein, ging dann nach München und Prag, wo Angelo Neumann auf Anraten des Dirigenten F. Schalk Armor annahm und erfolgreich aufführte (vgl. MGG VIII, 403f.)..

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