Darüber bin ich etwas betroffen, dass Sie in Ihrem Brief (geschrieben weil nichts zu schreiben ist, darüber nichts schreiben, worüber doch zu schreiben gewesen wäre, nämlich wie in dem gedruckten Exemplar die Überarbeitung der Actschlüsse II. III auf Sie gewirkt hat. Das zu hören bin ich begierig. Im Übrigen hat Schlenther die Politik des schweigenden Rückzuges aufgegeben und mich für übermorgen abend zu einer Besprechung eingeladen, bei welcher er sich gewiss Held zeigen, und mir die Aufführung unmittelbar nach einem starken Erfolg in Berlin bedingungslos zusichern wird.
Und jetzt will ich Ihnen eine Freude machen: ich war unlängst im Theater und habe die Sandrock zwar in Ton und Spiel ziemlich unverändert gefunden, aber im Ansehen so sehr unerfreulich, dass ich mich wirklich nicht entschliessen konnte hier länger zu insistieren. Wenn nur damit irgend etwas gewonnen wäre! Es ist mir fast unbegreiflich dass sich bei den vielen Stücken die Sie spielen nicht ein drittes weibliches Wesen neben der so begrenzten Lehmann und der Triesch als so unbedingt herausstellt, dass ich dadurch der hässlichen Notwendigkeit enthoben würde Ihnen, dem ich dieser schönen und grossen gemeinsamen Arbeit durchaus nur mit Freudigkeit entgegen kommen möchte, immer wieder Schwierigkeit zu machen. Lassen Sie mich noch einen Vorschlag machen: die Person die ich nennen will steht an schauspielerischer Qualität (angeborenes Talent) wohl kaum über der Reisenhofer unvergleichlich über ihr aber an schauspielerischer Erziehung, Biegsamkeit, Jugend und Erscheinung. Es ist die Frau Körner die ein paar Jahre lang hier am Jubiläumstheater die erste Schauspielerin war und jetzt in Berlin ist, an welchem Theater weiss ich nicht. Ich bin überzeugt sie ist leicht zu haben und mit dieser Person, deren Talent ich nicht überschätze, die aber sehr schön ist und die ich in schwierigen Rollen (Peer Gynt, Robert Guiscard, Tod des Tintagiles) gesehen habe werde ich gern arbeiten, und mit der Reisenhofer so“
Erwähnt werden neben Adele Sandrock u.a. die Schauspielerinnen Marie Reisenhofer (1865-1947), Irene Triesch (1875-1964), DIE zum Ensemble des seit 1904 von Otto Brahm geleiteten Lessingtheaters gehörte und Hermine Körner (1878-1960)..