67 e. Briefe mit U. und 3 e. Postkarten mit U.
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Karl Hofer (1878–1955), Maler und Graphiker. 67 e. Briefe mit U. und 3 e. Postkarten mit U. Berlin, um 1944 bis 1954. Zusammen 129¼ SS. auf 79 Bll. Meist gr.-4°. Mit 13 e. adr. Kuverts und zwei Beilagen (s. u.). – Umfang- wie inhaltsreiche Sammlung von Schreiben des expressionistischen Künstlers aus dem Berlin der End- und Nachkriegszeit an den befreundeten Kunstsammler Dr. Wilhelm Hoch (gest. 1954) in Baden. Hofer berichtet von Alltagssorgen wie Wohnungsnot, Kälte, Hunger, zunehmender Mutlosigkeit, politischen Differenzen mit dem und Belastungen durch das Regime bzw. nach dem Ende des Krieges durch die Besatzermächte und die Bundesregierung. Ausführlich auch über die Malerei, über Weltanschauliches und Kunstauffassung; es deutet sich eine zunehmende Distanz zur Malerei der Gegenwart an. – „[...] diese Zeilen sind vielleicht die letzten, die Sie in dieser Welt erhalten von mir. Ach, es wäre mir lieber, das Tor schlösse sich nun wirklich, aber immer bleibt es einen Spalt offen stehen, man sieht das Verhängnis vor sich, man sieht das erhobene Schwert, aber es schlägt noch nicht zu, die Qualen des Opfers verlängernd [...] Flucht, die ausserdem nicht mehr möglich ist, würde die Qual nur verlängern, denn Sicherheit gibt es nirgends mehr. Ich bin nun bald 70 Jahre alt, habe dieses Dasein im Guten und Bösen genossen, meine Weggenossen sind nahezu alle, die Glücklichen, in Ruhe gestorben, so sehe ich gefasst dem Tod entgegen. Nur dass es der Hungertod sein wird, ist schauerlich, und dass auch die entscheidende Hauptsache meines Werkes, einige hundert Bilder, die ich in nicht erlahmender Arbeitsleidenschaft geschaffen habe, dass ich auch als Künstler tot sein werde, das ist mein größter Schmerz, denn auch dieses Werk wird dem Untergang geweiht sein [...]“ (kurz vor Kriegsende aus dem eingeschlossenen Berlin, 25. II. 1945). – Über den „fundamentalen“ Unterschied „zwischen grosser menschengestaltender Kunst die für das Urtümliche den unbekleideten zeitlosen Menschen braucht und dem Schilderer des Buernwesens“: „[...] Den für den bildenden Künstler brauchbaren und erwünschten geraden, gesunden an Luft und Sonne gewöhnten sportlich gut entwickelten Menschenleib findet der Künstler nicht in der Großstadt, von privatem Glück abgesehen. Darum aber handelt es sich [...] nicht einmal. Weder Schönheit noch Gesundheit [...] sowenig wie Hässlichkeit oder Verkommenheit sind für den Bildner das Massgebende, sondern eben das was mit Worten nicht zu sagen und darum eben nur zu bilden ist [...]“ (Ostern 1944). – „[...] Sie fragen nach der Möglichkeit einer Puplikation [!] über meine Arbeit. Die besteht heute kaum mehr. Ich habe meine Zeit überlebt, die Zeit ist über mich hinweggegangen. Das hat nicht mit Wert oder Unwert meiner Arbeit zu tun. Es sind eben heute Dinge Mode, die die Presse, den Kunsthandel und das Ausstellungswesen beherrschen [...] Man frägt heute nicht mehr nach einem inneren Wert oder nach Qualität, sondern nur noch nach dem Grad der Neuheit [...]“ (24. IX. 1949) – Die Briefe v. Oktober und Dezember 1954 an die Witwe von Dr. Hoch nach dessen Tod im Herbst 1954. – Beiliegend ein Blatt mit einem e. Zitat („Die heitere Standhaftigkeit“, 1 S., qu.-gr.-8°) und die gedr. Todesanzeige von Hofers Sohn Karl (gen. Carlino), der bei dem Versuch, zwei Einbrecher in einem Schuhgeschäft zu stellen, von diesen getötet worden war (März 1947).