deutscher Philosoph und Soziologe (geb. 1929). Ms. Brief mit eigenh. Unterschrift. Starnberg. 4to. 1 p. Mit Kuvert.
$ 175 / 150 €
(81408)
Brief von Jürgen Habermas an den Philosoph Christoph von Wolzogen: „[…] schönen Dank für Ihre Einladung zu der interessanten Tagung, an der ich gerne teilgenommen hätte, wenn sie nur in etwas größerer zeitlicher Nähe zum 18. Juni, wenn ich in Frankfurt eine Doktorprüfung habe, stattfände. […]“ Jürgen Habermas studierte Philosophie, Geschichte und Psychologie in Göttingen, Zürich und Bonn. 1954 promovierte er bei Erich Rothacker und Oskar Becker mit einer Arbeit über Schelling.
1956 bis 1959 war Habermas Assistent am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main und beschäftigte sich mit der (neo)marxistischen Diskussion und den normativen Grundlagen einer kritischen Gesellschaftstheorie. 1961 habilitierte er sich mit Strukturwandel der Öffentlichkeit bei Wolfgang Abendroth in Marburg und erhielt eine Professur für Sozialphilosophie in Heidelberg. 1964 erfolgte der Ruf nach Frankfurt am Main, wo er bis 1971 eine Professur für Philosophie und Soziologie innehatte. 1971 ging Habermas als Direktor an das „Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlichtechnischen Welt“ nach Starnberg, wo Habermas seinen Neuansatz einer kritischen Gesellschaftstheorie ausarbeitet. 1982 übernahm Habermas erneut eine Professur für Philosophie und Soziologie in Frankfurt am Main, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 lehrte..
Philosoph und Soziologe (geb. 1929). Eigenh. Brief mit Unterschrift. London. 4to. 2 pp. Hotelbriefkopf. Gebräunt u. gefaltet. 2 kl. Einstiche am oberen Rand.
$ 5,243 / 4.500 €
(97251)
Bedeutender Brief an den Journalist der Frankfurter Rundschau, Erich Lissner (1902-1980): „[…] ich habe hier mit fast einer Woche Verspätung von dem Brief erfahren, den einige Studenten im Namen der Philosophischen Fachschaft unserer Universität an Leszek Kolakowski gerichtet haben (R.R. vom 3. März). Der Brief sendet sich gegen den von mir angeregten Vorschlag der Philosophischen Fakultät, Kolakowski als Nachfolger Adornos zu berufen. Die Autoren des Briefes machen Differenzen der Auffassung un der Intention, die zwischen Kolakowski und einigen Schülern Adornos und Horkheimers innerhalb einer gemeinsamen Tradition selbstverständlich auch bestehen, zu einem Argument gegen die Berufung Kolakowskis.
Dabei stützen Sie sich auf jüngst in Umlauf gesetzte Etikettierungen wie „Frankfurter Schule“ oder „Kritische Theorie“ in einer Weise, als handele es sich um eine Institution, die durch die Rekrutierung von Rechtgläubigen erhalten werden müsste. Wenn es sich so verhielte, dann wäre nicht Kolakowski zu fürchten; zu fürchten wäre die trostlose Apologetik der Türhüter einer neuen Spielart von institutionellen Marxismus. Weil es sich so nicht verhält, entbehrt der Brief jeder sachlichen Motivation. Es bezeugt die Geistesart derer, die, weil Sie sich gegenüber Adornos Denken scholastisch verhalten, bloss dessen leere Geste zurückbehalten können. Die Autoren des Briefes haben die Bücher des Mannes, gegen den Sie polemisieren, entweder nicht gelesen oder nicht ernst genommen. Der Brief schliesst mit dem Satz: „Die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, Marxist zu sein, ist für uns keine Alternative.“ Eben das sagt Kolakowski. Die Autoren des Briefes adressieren ihre Einwände nicht an die, die den Berufungsvorschlag verantworten. Sie üben ungerüht Pressionen auf einen Mann aus, der doch gar nicht in der Lage ist, zu der robusten Hauspolitik einiger Doktoranden, Hilfskräfte und Studenten Stellung zu nehmen. Die Autoren des Briefes lassen Sensibilität oder gar, was sie doch beredt in Anspruch nehmen, Solidarität nicht erkennen. Sie pochen rhetorisch auf die Einheit der emanzipatorischen Vernunft gegenüber einem Mann, der für die zerbrechliche Einheit von Moral und Denken mit seiner Lebensgeschichte einsteht. Die Autoren des Briefes schliesslich kennen keine Rücksicht gegen die Kollegen, die sie als Figuren gegen Kolakowski bloss einsetzten. Diese nämlich müssen Schaden leiden bei einem Vergleich, der der Proportionen spottet. Peinliche Schauspiele dieser Art sind freilich als Reaktionen verständlich. Sie sind die Kehrseite einer brüchig gewordenen Arkanpraxis. Vermeiden lassen sie sich nur, wenn regulär gewählte Studentenvertreter von Anbeginn an den Personalentscheidungen beteiligt sind, an denen sie ein legitimes Interesse nehmen. […] Es wäre mir lieb, wenn Sie diesen Brief veröffentlichen könnten.“ - Als Offener Brief an Erich Lissner, in «Frankfurter Rundschau», 14.3.1970. Als es 1970 darum ging, wer in Frankfurt/Main den philosophischen Lehrstuhl von Theodor W. Adorno übernehmen sollte, schlug Jürgen Habermas den 1927 in Radom geborenen, inzwischen in Berkeley lehrenden Leszek Kolakowski vor. Die Fachschaft des Philosophischen Seminars schickte dem Philosophen, der noch immer einen polnischen Pass hatte, daraufhin einen Offenen Brief, in dem sie ihm mitteilte, dass sie ihn für ungeeignet hielt. Kolakowsi antwortete mit schmallippiger Ironie, dass er froh sei, den Studenten bei ihren Kämpfen um die Ordinarien nicht im Wege stehen zu müssen; er habe ohnehin nicht die Absicht gehabt, nach Frankfurt zu kommen. Schon 1971 erschien übrigens Gesine Schwans Dissertation: "Leszek Kolakowski. Eine politische Philosophie der Freiheit nach Marx.".