i. die Unitisten] beleidigten auf offener Straße Johanna Fichte, und, was am gefährlichsten war, sie verleumdeten Fichte, er habe Umgang mit französischen Revolutionären, er sei Illuminat und wolle eine neue geheime Verbindung gründen“ (Jacobs, S. 58, s. u.). In Oßmannstedt schließlich arbeitete Fichte am „Grundriß des Eigentümlichen der Wissenschaftslehre“ und am ersten Teil der „Rechtslehre“: „[...] Es geht mir ein Geheimniß der Bosheit nach dem andern auf; nur forsche ich ganz vergebens nach den Urhebern. In Absicht der Ursache meiner Entfernung von Jena hat man mich durch ganz Deutschland verläumdet, und ich kann noch nicht recht erfahren, was man eigentlich sagt. So ist es mir nun ganz klar, daß zwischen den liebenswürdigen trefflichen Reinhold [d. i. Karl Leonhard Reinhold, 1757–1823], und mich die Verläumdung vom Anfange an – ich möchte nur wissen zu welchem Grade – sich angelegentlich gelagert hat. Was man mir von ihm hinterbracht hat, ist ein geringes. Was ich aber höre, daß in Kiel unter den Reinholdischen Schülern frei angeboten worden ist, ist so pöbelhaft, so elend erdacht, so abscheulich, daß man kaum begreifen kann, in welches Hökerweibs Gehirn so etwas habe entstehen können. Ich kann jetzt vollkommen begreifen, wie Reinhold sich so benehmen mußte, wenn das dumpfe Gemurmel davon sein Ohr erreichte. Es ist interessant, einige Zeit hier zu leben, um die Tiefe des menschlichen Verderbens kennen zu lernen. Reinhold, glaube ich, hat seinen Theil ehemals davon erfahren; aber er hatte erfahren, was er wolle; soviel als ich in dieser kurzen Zeit kann er kaum erfahren haben. Ich muß Gegenanstalten zu treffen suchen, sonst setzt eine Rotte, die ich nicht entdecken kann, ihren Zweck, mich vor ganz Deutschland schwarz zu machen, doch noch durch. Ich muß suchen, an den wichtigsten Orten Correspondenten zu haben, die mir die wichtigsten Gerüchte über mich mit muthmaßlicher Anzeige des Urhebers nennen. Es wäre eine würdige Anstalt, wenn mehrere brave sehr bekannte Männer sich zu dem Zwecke vereinigten, die litterarischen Klatschweiber, welche in unserem Zeitalter anfangen, die Celebrität zu dem schrecklichsten Loose zu machen, niederzuschlagen. Denn das abscheulichste hierbei ist das, daß sich so selten ein Mann findet, der dem Verläumdeten unter die Augen sagt, was geredet werde, und daß gemeiniglich der unglückliche Schlachtochse allein nicht weiß, was jedes Kind weiß [...]“. – Fichtes Beziehung zu K. L. Reinhold sollte in den kommenden Jahren recht freundschaftlich verlaufen, auch ging man im Briefverkehr in der Zeit nach Fichtes infolge des Atheismusstreits ausgesprochener Entlassung 1799 zum vertraulichen Du über; zu Beginn des Jahres 1800 aber sollte es zu einem endgültigen philosophischen und persönlichen Bruch zwischen beiden kommen. – Lit.: Wilhelm G. Jacobs: Johann Gottlieb Fichte. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt, 1984 (= rm 336). – Stellenweise etwas fleckig, sonst sehr wohlerhalten..