E. Brief mit U.
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Christoph Martin Wieland (1733–1813), Dichter. E. Brief mit U. („Ihr guter Vater Wieland“). Weimar, 16. und 17. November 1805. 4 SS. auf Doppelblatt. Gr.-schmal-8°. – Unveröffentlichter Brief an seinen Schwiegersohn Gottlieb Friedrich Erler, der im Oktober 1805 von Graf Anton Alexander von Magnis auf dessen Gut Eckersdorf in Niederschlesien versetzt worden war: „Ich kann es mir nur zu gut vorstellen, wie Ihnen und den Ihrigen bey der plötzlichen Versetzung in ein so weit entferntes Land und unter wildfremde Menschen, die in fast allen Stücken von den Sachsen u. Thüringern (die auf dem Walde etwan ausgenommen) verschieden sind, in den ersten Wochen zu Muthe seyn muß. Wir haben uns freylich die Sache gar zu sanguinisch und poetisch vorgestellt; aber auch izt zeigt ihnen der Mißmuth über die Entbehrung so vieler theils wirklich unentbehrlicher, theils durch gewohnheit unentbehrlich gewordener Dinge, manches noch in einem allzudüstern Licht. Ich zweifle daher keineswegs, daß Sie, wenn nur erst der Winter überstanden ist – der Ihnen freylich noch einen harten Stand machen wird – aus einem fröhlichern Tone singen werden [...] Daß die Gräfin [d. i. Louise Gräfin von Magnis, geb. von Götzen, aus der evangelischen Linie derer von Götzen) und Ihr die einzigen Ketzer zu Eckersdorf seid, ist allerdings ein unangenehmer Umstand, und ich kann mich nicht genug verwundern, wie es zugehen konnte, daß die Gräfin, die doch eine sehr reiche Erbin war, sich bey ihrer Vermählung nicht eine freyere Ausübung ihrer Religion ausbedungen. Ein einziger Tag im ganzen Jahr ist doch auch gar zu wenig, zumahl in einem Lande, dessen Souverain selbst ein Protestant ist. Amalie meint (in ihrem Brief an Schwester Caroline) ihr werdet, wenn ihr nicht Leben wollt wie die Heiden, wohl in die katholische Kirche gehen müssen [...]“. Weiters über Erlers Amt in Eckersdorf, ein Exemplar von Wielands „Gesammelte Werke“, Zar Alexander und Napoleon: „[...] In voriger Woche haben wir das Glück genossen, den Kaiser Alexander mehrere Tage in Weimar zu besitzen. Ich halte es kaum für möglich daß irgend ein Sterblicher in einem höhern Grad einnehmend und liebenswürdig seyen könne als dieser größte Monarch des Erdbodens [...] Dank sey dem K[aiser] Napoleon, dem wir das Glück schuldig sind, den Selbstherrscher aller Reussen in dem kleinen Weimar gesehen zu haben! Doch geht meine Dankbarkeit gegen Napoleon nicht weiter, als zu wünschen, daß er seine Lorbern [!] je bälder je lieber mit Friedenspalmen vertauschen möge. Verhüte der Himmel, daß die Kriegsflamme auch die Preuß[ischen] Staaten ergreife! [...]“. – Papierbedingt etwas gebräunt und gering fleckig; mit einigen kleinen Einrissen im Mittelfalz und einem größeren in einer Querfalte; Bl. 1 mit kleinem Ausriß in der rechten unteren Ecke.