Franz Xaver Niemetschek

Niemetschek, Franz Xaver

tschechischer Pädagoge, Musikkritiker und Mozartbiograph (1766-1849). Teilnachlaß der Familie Niemetschek-Neuling-Richter. Sadska, Prag, Wien u. a. O. Über 100 Briefe, Dokumente und Notizen von, an und zu Franz Xaver Niemetschek und Familie.
25.000 € (42774/BN27874)

Umfangreicher Teilnachlaß aus der direkten Nachkommenschaft des ersten Mozartbiographen. Zwar enthalten die Dokumente keine neuen Informationen zu Mozart selbst, jedoch werfen sie neues Licht auf das bislang nur unvollständig erfaßte Leben Niemetscheks und beleuchten darüber hinaus facettenreich das groß- und bildungsbürgerliche Milieu der Biedermeierzeit in Wien und Böhmen. Insbesondere die Diskussion, ob Niemetschek Mozart jemals persönlich begegnet ist, erhält neue Nahrung durch den Beleg, daß der früh musikbegeisterte Gelehrte (selbst Pianist) während seiner Studienzeit in Prag 1787 durchaus Gelegenheit hatte, Mozart bei seinen Auftritten zu sehen.

- Der im böhmischen Sadská geborene Schulmann F. X. Niemetschek war schon 1778 als Schüler nach Prag gekommen; ab 1794 war er Erzieher und Unterkunftgeber des neunjährigen Carl Thomas Mozart (bis 1797). Seine Frau Theresia (geb. Schnell), Tochter eines Prager Kaufmanns und in den frühen 1790er Jahren eine der gefragtesten Hutmacherinnen der Stadt, hatte im Prager Salon des Pianisten F. X. Duschek und seiner Frau Josephine die Familie Mozart bereits 1787 kennengelernt. Während Friedrich Schlichtegroll, der andere frühe Biograph Mozarts, seine Kenntnisse über den Musiker nur von dessen Salzburger Freund Albert von Mölk und der Schwester Maria Anna Mozart bezog (weswegen sein Bericht die Jugend Mozarts ausführlicher behandelt und die Wiener Zeit geringer gewichtet), hatte Niemetschek die Witwe Constanze als Gewährsfrau. Er konnte den Komponisten deshalb jedenfalls nach den Mitteilungen Constanzes, denen der Duscheks und seiner eigenen Gattin, nach umstrittener Auffassung aber wahrscheinlich auch aus kurzer persönlicher Kenntnis schildern. 1798 erschien unter Constanzes Mitarbeit seine berühmte erste Mozartbiographie (eine frühere Fassung soll bereits im Vorjahr bei Kasper Widtmann in Prag erschienen sein, doch ist kein Exemplar bekannt). - Im Jahre 1799 wurde Niemetscheks Tochter Theresia geboren, 1802 sein Sohn Franz Xaver d. J. Im gleichen Jahr wurde er als Professor der Philosophie an die Prager Universität berufen. Theresia heiratete 1820 den Wiener Hausbesitzer und Geschäftsmann Bruno Neuling, Eigentümer des weitläufigen Hauses "Zum goldenen Hirschen" in der Wiener Leopoldstadt, wo 1834-86 zahlreiche Mitglieder der Musikerfamilie Strauß wohnen sollten. Nach dessen Tod 1829 heiratete Theresia schon 1830 in zweiter Ehe Franz Richter, einen engen Freund ihres Bruders. Niemetschek zog nach seiner Pensionierung zu seiner Tochter nach Wien, wo er im 83. Lebensjahr starb. - Der vorliegende Teilnachlaß umfaßt die Lebenszeit des Mozartbiographen und seiner beiden Kinder bis Anfang der 1860er Jahre. Die Dokumente vermitteln ein detailreiches Bild des privaten Lebens der bürgerlichen Bildungsschicht im Vormärz: Sie betreffen Familienfeiern, finanzielle Abrechnungen, lästige Vormundschaftspflichten, medizinische Ratschläge und Hausmittel, häufige Verwandtenbesuche in Sadská und Zebus sowie die romantischen und beruflichen Wirren Franz Niemetscheks des Jüngeren, aber auch Grüße von Carl Mozart und anderen befreundeten Musikern, Versuche zur Konversion evangelischer Freunde zum Katholizismus und die Umbrüche der Revolution 1848 in Wien und Böhmen, darunter Augenzeugenberichte aus Sadská und ein aus Angst vor der Zensur anonymisierter Brief eines nach Boston ausgewanderten revolutionären Verwandten. - Detaillierte Verlistung auf Anfrage..

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