Alfred Kubin (1877–1959), Graphiker und Schriftsteller. 4 e. Briefe mit U. Zwickledt-Wernstein, 1937. Zusammen 7 ½ SS. auf 4 Bll. Gr. 4°. – An Adelgunde (Gundl) Krippel in Prielau bei Zell am See, die frühere Lebensgefährtin des Malers Anton Faistauer (1887–1930). Zumeist über die bevorstehende Ausstellung zu seinem 60. Geburtstag und gelegentlich auch über die Werke „Tonis“, d. h. Anton Faistauers. – I: „[...] Im Frühjahr [...] werde ich wahrscheinlich (für 1 Tag allerdings nur) nach Wien kommen – Es dürfte eine umfassendere Gedenkschau zum Anlaß meines herannahenden 60. Geburtstages da sein und ich werde zur Eröffnung wahrscheinlich anwesend sein [...] Das Bildnis Stössl’s [d. i der Schriftsteller Otto Stoessl] von Toni finde ich ausgezeichnet – St. war nicht so entzückt davon – es ist sehr harmonisch und nicht übercharakterisiert, was bei Stössl leicht hätte geschehen können – bei dieser Lebhaftigkeit [...] Und mit der Tagebuchausgabe wirds nun einstweilen nichts verlegerisch! Ja ich ahnte so etwas – die Zeit ist da natürlich schlecht und dafür noch extra 3fach Glück nötig. Nun mache ich den Vorschlag: Sie schicken mir die Briefe einfach und wenn’s ernst würde mit einer Ausgabe, so erhalten Sie diese binnen 48 Stunden! Ja!! Seit Ihrem letzten mich auch wieder recht erfreuenden Schreiben sind ja schon wieder nahezu 6 Wochen komplett vergangen – ich wette unsre Angelegenheit ist aber ganz noch beim alten [...]“ (20. Januar 1937). – II: „[...] nun erfreute mich und griff mir zu gleicher Zeit an’s Herz das gestern eingetroffene Foto Toni’s [...] ich nehme es hin als Händedruck über das Grab hinaus zum 60. – von einem meiner liebsten Freunde. Ich vernehme: Sie stehen dauernd unterm Druck der Verhältnisse!? Sie meistern diese im Grunde aber doch, und T. hätte, selbst wenn er wollte, keine bessere Sachwalterin sich finden können für das Nachgelassene. – Man weiß zu gut, daß alles was modern an Kunst, wieder materiell geringer bewertet wird von der Welt, und daß altes Kunstgut dauernd steigt, weil’s verstreut und daher immer weniger wird – das andre wird täglich mehr – meine Schau, die ganz zu Ende nächstes Monat eröffnet wird und gegen 6 Wochen zu sehen sein wird – soll mich [...] nach W[ien] bringen, doch – hier muß ich Ihrer Erwartungsfreude ein wenig weh tun – es geht nicht anders: diesmal nur für 2 x 24 St. Ich bin nicht mit meiner nervösen Verfassung zufrieden [...]“ (30. März 1937). – III: „Für Ihre guten Worte in Bezug auf meine Ausstellung innigen Dank – Ich tat halt – erinnere ich mich recht, nur was ich konnte – besser – was ich mußte [...] Ich kann, was den Verkauf von dem mir gehörigen Teil der Arbeiten betrifft, nur sagen, daß ich darauf direkt nicht gerechnet habe – Dr. Nierstein hat ohne als Kunsthändler da aufzutreten d. h. ohne den geringsten Anteil etwa für sich zu nehmen – mir bei allfälligen Interessenten seine Vermittlung zugesagt [...]“ (20. Mai 1937, weiters über Preise und Verkäuflichkeit von verschiedenen Gattungen seiner Graphik). – IV: Der Brief vom 12. Juli 1937 mit Dank für ein Bild aus Faistauers Nachlaß, „diese großartige Schöpfung aus Toni’s letzter Periode“. Sein so verspäteter Dank dafür sei selbst durch die mannigfache Aufregung nach der Ausstellung kaum zu entschuldigen, aber „Sie werden es allergütigst, da Sie ja mit Malern umgehen können und deren wüste Zerfahrenheit sicher schon öfters feststellen mußten [...]“. – Gundl Krippel war eine Klassenkameradin von Christiane von Hofmannsthal am Lyzeum in Hietzing und blieb auch später mit der Familie Hofmannsthal befreundet. 1943 vermählte sie sich in Wien mit dem Kunsthistoriker Bernhard Degenhart. – Kleine Faltspuren.