Grundlage von Giesekings Technik war die von Karl Leimer entwickelte und von Gieseking weiter ausgebaute Methode („Leimer-Gieseking“). Merkmale dieser Methode sind: Relaxation (Entspannung der Muskeln), Gedächtnistraining durch Lernen des Notentextes ohne Instrument, Erziehung des Gehörs durch höchste Konzentration beim Üben, Verbannung von geistlosem Drill und unbedingtes Festhalten an der Notation. Einbeziehen des gesamten Armes beim Spiel (Gewichtsspiel), aber auch konventionelle Ausbildung der Finger, allerdings ohne die in der älteren Klaviermethodik oft zu beobachtende Starrheit und Verkrampfung. Technik wird nur in Verbindung mit dem Studium von Originalwerken entwickelt, also keine eigenen Fingerübungen bzw. Etüden. Einzelheiten im Technischen: Unterarmrollung statt Daumenuntersatz bei Tonleitern und gebrochenen Akkorden, Verzicht auf Fingerwechsel bei repetierten Noten. Während des Zweiten Weltkriegs lebte Gieseking weiterhin in Deutschland und konzertierte in Europa, auch in von Deutschland besetzten Gebieten. Dies brachte ihm nach 1945 den Vorwurf der Nähe zum Naziregime und der Kollaboration ein und führte zum zeitweiligen Auftrittsverbot.
Aus der Sammlung des Wiener Anwalts Max Bettelheim (1912-1971). Von dessen Nachfahren übernommen..