Doderer, Heimito von
Schriftsteller (1896-1966). Eigenh. Brief m. U. u. Zeichnung. O.O. Gr.-8vo. 2 SS. Eng beschrieben.
5.500 €
(48437)
Intimer Brief an seine spätere Ehefrau Emma Maria Thoma aus seiner Zeit als Soldat in Russland mit erotischen Zeichnungen und Skizzen aus Dachau: „Allergeliebteste, süsseste schöne Miiiienzi! Oh Du Liebling, Du schöner guter, ich hab’ Deinen lieben, lieben Brief vom 20. und den guten kleinen Brief, aber langen Brief, eifersüchtigen, jedoch allersüssesten Brief vom 15. Juli! Aus letzterem seh’ ich, dass die Mienzi, wie es auch ganz richtig ist, ihren Kater nur allein für sich haben will (und sie hat ihn ja auch so!); es geht aber daraus auch hervor, dass sie ihn haben will: was ihn tief glücklich macht! Und vielleicht: dass sie den bösen Kater auch ein bisserl brauchen tut! Oh Du! Das mit der Eifersucht und mit der Kürze und Pressiertheit so mancher katerlichen Briefe der letzten Zeit hat Gründe, die ich in denjenigen Briefen andeutete (mehr kann man ja von hier aus nicht tun), welche auf den Riegelhof gegangen sind: warte erst diese Briefe ab! Ja, die Mädchen in Russland sind schön und ausgezeichnet gewachsen und alles: aber wenn Du um die Situation wüsstest, in denen ich mich, besonders in der 1.
Hälfte des Juli befand, würdest Du auf solche Gedanken kaum kommen, meine Allersüsseste. Nebenbei bemerkt, hab ich zum letzten Mal vom 7. auf den 8. Juli in einem Bett geschlafen, seither bis heute nicht mehr. Die Nacht auf den 8. auf den 9. Juli wird sich jeder hier merken, der sie mitgemacht hat (genau 26 Jahre vorher stand ich übrigens als 19-jähriger in der großen Schlacht bei Olesza). Es ist nur dies: ich kann als Schriftsteller nicht über meinen eigenen Schatten springen und Dir erzählen, schildern, was ich mache, und so weiter…einfach deshalb: weil der Brief keine erzählende Form ist: die Formen aber sind für Unsereinen genau so fest verankert, wie etwa bei anderen Menschen die Eigenschaften. Ja, ich wollte, Du hättest mich dann und wann plötzlich gesehen, wenn ich Dir schrieb, ich meine, unter welchen Umständen dies geschah…Was ich den Tag über mache? Ich habe, voll verantwortlich, für eine Kompanie Menschen zu sorgen. Allerdings, und dieses Glück ist eben mit einer solchen Stellung verbunden: ich verfüge frei über meine Zeit, ich selbst teile sie ein. Das ist ein Segen. Nun, was ich – mache? Du solltest es wissen. Und garnie was Anderes. Und ausserdem weißt Du , dass ich Dich liebe (einer meiner Hauptbeschäftigungen), Du eifersüchtige, süsse Mienzi, in der Eifersucht vielleicht am allersüssesten! Strafweise: Heiss = Bussi auf den ganz enthüllten Allertugendhaftesten der keuschen Maria = Emma, Emma = Maria, warte nur, Du wirst es schon noch zu spüren bekommen, dass Du einen Mann hast, einen bösen! Lass Dir nur bald die Briefe vom Riegelhof schicken. Ich liebe Dich. Ich bin ganz Dein, in heisser Treue. Ich küsse Dich tausendmal, in Verehrung und Dankbarkeit! Heimito 27.VII.“.