E. Brief mit U.
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Daniel Chodowiecki (1726-1801), Berliner Zeichner und Radierer, Meister der Darstellung des bürgerlichen Rokoko. E. Brief m. U., o. O. [Berlin], 27. April 1793, 8 Seiten 8°. Sehr umfangreicher und für den Oeuvrekatalog wichtiger Brief an den Schriftsteller und Hofrat Wilhelm Gottlieb Becker in Dresden, der Chodowieckis Kupferstiche sammelte. Becker hatte offenbar eine Desideratenliste zur Vervollständigung seiner Sammlung geschickt, und der Künstler erörtert nun Motive, Entstehung, Auflagen, Zustände, Varianten, mißlungene Ausführungen, Vorräte und Preise von mehr als 20 Platten, so daß sich eine Fülle von wertvollen Informationen zum Radierwerk Daniel Chodowieckis ergibt. Becker hatte darum gebeten, etwas schneller eine Antwort zu erhalten als beim vorigen Mal. Der Künstler antwortet etwas indigniert: „[…] waß soll ich denn thun - Zeichnen; Radiren, u. das radierte ausführen. Das greift die Augen noch mehr an, und geschieht alle Winter Abend bis um 3, zuweilen 4 Uhr des Morgens, wenn ich nichts zu schreiben oder zu lesen habe, meiner Gesundheit hatt das noch nie geschadet und meine Augen sind es gewohnt; dazu ist mein Schicksal so, daß wenn ich und meine 5 Kinder und 8 Kindes Kinder unser Leidliches Auskommen haben wollen ich mir das muß gefallen laßen […]. Im folgenden geht Chodowiecki dann ausführlich auf die Fragen und Wünsche Beckers ein. Beispiele: „[…] Auf den fertigen Abdrücken, hatt eben das Almosengebende Mädchen auf einigen eine Dormeuxe auf und nur einen Unterrock an - auf andren aber frisirtes har und über dem Unterrock ein auf geschürztes Kleid. Erstere sind selten. Ich habs nur ein mahl wie auf jene Art […] Ich mache mir gewöhnlich Gewissensscrupel, Abdrücke von Platten, die ich für Buchhändler mache, zu verkaufen, wenn der Eigenthümer der Platte noch nicht Gebrauch davon gemacht hatt, sie zu verschenken erlaub ich mir allenfalls, zuweilen auch schläft das Gewißen […] Wie denn Leider offt un fau [!] pas donne lieux a un autre, so muß ich nun schon meinem Gewißen Gewalt anthun und schicke Ihnen diese Nummern auch mit dem Versprechen, in Zukunft besser auf meiner Hut zu seyn […]. Offenbar unterbrach Chodowiecki den Brief für 4 Wochen, weil die Buchhändler ihn mit „Meßarbeit überschütteten, und so entschuldigt er sich auf Seite 6 noch einmal, daß Becker und „Freund Graff (der Porträtmaler Anton Graff) so lange auf Antwort warten mußten. - Sehr schöner Künstlerbrief, der sowohl über Chodowieckis Arbeitsweise als auch eine Reihe von Einzelwerken wichtigen Aufschluß gibt.